Rückblick der BI Atdorf zum Runden Tisch

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Hier der schriftlich fixierte Rückblick zum Runden Tisch, den die BI Atdorf am 1. Dezember 2011 an die Moderatorin des Runden Tisches, Frau Michaele Hustedt, geschickt hat. Nach einer Mitgliederversammlung entschied sich die BI Atdorf, diesen Brief zu verfassen und ihn gleichzeitig auch als offenen Brief bekannt zu geben.

 

 

 

 

Sehr geehrte Frau Hustedt

 

zu Ihrem Abschlussbericht über den Runden Tisch (RT) PSW Atdorf nehmen wir
hiermit Stellung.

 

Die Bürgerinitiative Atdorf/Verein für den Erhalt des Abhaus und des Haselbachtals
e.V. (BI) gehörte und gehört zu den schärfsten Kritikern des RT und auch Ihrer
Moderation, da wir weder die Begründung für ein solches Vorhaben, noch die von
Ihnen behauptete Neutralität nachvollziehen konnten. Daraus haben wir keinen Hehl
gemacht und sehen uns durch Ihren Abschlussbericht auf interessante Weise
bestätigt.

 

Wir anerkennen, dass Sie eine schwierige Aufgabe übernommen haben, einen RT
zu leiten, der zu spät kam und der eine hohe Komplexität an Themen mit sich
brachte. Dass Sie Ihre Moderation und den ganzen Prozess des RT als erfolgreich
und produktiv bewerten müssen, können wir aus Ihrer Perspektive nachvollziehen,
aber Ihre Wahrnehmung steht in krassem Gegensatz zu objektiven Tatsachen des
RT Geschehens.

 

Wir haben Ihre Neutralität gleich zu Anfang in Zweifel gezogen - Sie sitzen im Beirat
einer RWE Tochter - und sehen uns in unserer Einschätzung durch die Kapitel 1+2
Ihres Berichts bestätigt In diesen geben Sie Ihr persönliches Credo zum Besten,
u.a.:

 

Sie sehen Ihr Engagement unter dem Aspekt, dass BürgerInnen und andere
„mitgenommen werden“, so dass notwendige Investitionen in die Energiewende
umgesetzt werden können. Damit machen Sie deutlich, dass die Ziele des Investors
primär in Ordnung sind, weil sie ja der Energiewende dienen und dass die
BürgerInnen sekundär durch Partizipation zur Einsicht gebracht werden müssen, die
Pläne des Investors zu verstehen und letztlich zu bejahen.

 

Ihr Gedankenkonstrukt setzt also voraus: das PSW Atdorf dient der Energiewende,
was ja zu beweisen und zu begründen galt. Damit ist die Frage, ob dieses PSW
überhaupt notwendig ist, für Sie erledigt. Es geht nur noch darum, wie und wo es
gebaut wird. Von daher waren auch politische Einflussnahmen durch Frau Erler und
Herrn Untersteller während des RT für Sie nicht kontraproduktiv, da man den
Menschen bei aller Partizipation zwischendurch ja mal sagen muss, wo es lang geht.
Mit diesem Grundcredo sind Sie unseres Erachtens in die Moderation gegangen und
dieses hat auch Ihre Handlungsweise geprägt.

 

Außerdem stand für Sie persönlich und für Ihre Firma in Berlin einiges auf dem Spiel:
Der RT musste nach außen hin gelingen und Sie mussten ihn in Ihrem Bericht schön
reden. Ein untrügliches Zeichen für Schönreden ist das Fehlen selbstkritischer
Äußerungen, das fehlende Aufzeigen der Dinge und Aspekte, die nach Ihrer eigenen
Wahrnehmung nicht gelungen sind und die der RT nicht geleistet hat. Sie formulieren
auf Seite 18 Ihr Ergebnis. Wir kommen zu einem anderen Resultat und wollen dies
an ein paar Punkten verdeutlichen. Der von Ihnen formulierte Konsens zwischen den
Parteien auf Seite 4 ist falsch: „Für die Zukunft der Energieversorgung brauchen wir
deutlich mehr Speicher…“ Der Konsens lautete: Bei einem steigenden Anteil der
Erneuerbaren Energien wie Wind und Sonnenenergie, die nicht kontinuierlich
produzieren, brauchen wir zunehmend die Möglichkeit, erneuerbare Energie zu
speichern, welche Technik, welche Systeme und welche Orte bleiben offen.

 

 

 

Wir stellen im Unterschied zu Ihnen fest:

 

1.
Die Schluchseewerke AG (Schluwe) hat keine Bereitschaft gezeigt, auch nur
einen Millimeter von ihren ursprünglichen Planungen abzuweichen. Sie hat kein
Fenster zu anderen Speichertechnologien geöffnet, noch hat sie andere
Standorte ernsthaft ins Auge gefasst. Sie beharrt stur auf status quo. Wir als BI
haben in unserem Eingangsstatement trotz kritischer Grundeinstellung deutlich
unsere konstruktive Mitarbeit am RT zugesagt, doch die Betonhaltung der
Schluwe hat einmal mehr deutlich gemacht, dass eine Debatte über das PSW
sinnlos ist, weil von keinem Interesse.

 

Fazit:
Die Moderatorin war nicht fähig, eine kontroverse Debatte mit offenem
Ergebnis zustande zu bringen.

 


2.
Die Schluwe haben entgegen der ausdrücklichen Bitte der BI und anderer, keine
unumkehrbaren Baumaßnahmen während des RT durchzuführen, die
Schwandquellen gefasst und die Biotope im Schwandquellengebiet zerstört.
Diese Baumaßnahme war nach allgemeiner Auffassung nicht notwendig und
hätte ohne Not auch 2012 durchgeführt werden können. Es war ein Affront gegen
die BI und ein Affront gegen den guten Willen zur Fairness und zum Aufbau von
Vertrauen.

Fazit:
Die Moderatorin war nicht willens oder fähig, diese Machtdemonstration
seitens der Schluwe zu unterbinden.

 

 

3.
Der BI wurde seitens der Moderatorin unterstellt, durch übersteigerte Bedenken
und dem Betonen der Gefahren, die dieses Projekt mit sich bringt, Ängste in der
Öffentlichkeit zu schüren. Wir schließen uns nicht der Verharmlosung an,
sondern machen auf die vielfältigen Gefahren, die für die Menschen, die
Kommunen, die Natur, Umwelt und die Landschaften bestehen, aufmerksam.

Fazit:
Die Moderatorin bewertet den Standpunkt der BI. Dies steht ihr in ihrer
Rolle nicht zu.


4.
Kurz vor dem Beginn des RT hat sich eine Gruppe von Unternehmern, die sich
einen geschäftlichen Vorteil von dem Bau des PSW versprachen, zu einer
Interessengemeinschaft zusammengetan und sich „BI pro Atdorf“ genannt.
Vertreter dieser Gruppe wurden an dem RT zugelassen. Die Aufforderung der
BI, dann auch Unternehmer, die sich durch den Bau des PSW geschädigt sahen,
am RT zuzulassen, wurde abgewiesen, u.a. mit der Begründung, der Kreis der
TeilnehmerInnen am RT sei ohnehin schon zu groß.

Fazit:
Die Moderatorin hat mit zweierlei Maß gemessen und der Pro PSW Seite
einen größeren Einfluss eingeräumt.

 

5.
Viele Gutachten, die während des RT nur in PPt Präsentationen eingebracht
wurden, aber nicht als Gutachten vorlagen, bzw. erst nach dem RT nachgereicht
werden sollten und die zum Teil haarsträubend oberflächlich waren, wurden zur
Anhörung zugelassen. Der RT wurde nicht in den Stand versetzt, die Quellen und
die Seriosität der vorgelegten Präsentationen zu überprüfen. So wurde wertvolle
Zeit auf dem 4. RT und z. T. auch im 5.RT vergeudet.

 

Fazit: 
Die Moderatorin hat nicht auf die Vorlage der Gutachten bestanden. Sie
hätte diese Sitzungen abbrechen müssen und auf einen späteren Zeitpunkt
verschieben müssen. Aber dazu fehlte ihr der Mut oder es fehlte ihr der
Überblick. Sie hat sich dem von der Schluwe aufgezwungenen Zeitdruck
unterworfen.  

 

6.
Obwohl der RT sich u.a. zum Ziel gesetzt hatte, die Öffentlichkeit an dem
Prozess teilhaben zu lassen, wurde erst auf Druck der Gegner des Projekts die
Presse zu den AGs zugelassen und interessierten BürgerInnen die Möglichkeit
gegeben, als Publikum dabei zu sein. BürgerInnen wurde keine Chance
eingeräumt, Fragen direkt einzubringen.

Fazit:
Der Moderatorin selbst war nicht motiviert, von sich aus optimale
Öffentlichkeit durchzusetzen.

 

7.
Im Vergleich zum Prozess einer Mediation hat sich der RT noch nicht mit einem
festen, verbindlichen Format etabliert. Heute werden viele Prozesse einfach
Runder Tisch genannt, ohne klare Vorstellungen zu haben, was er soll und
leisten kann. Von daher kommt der Moderation eines RTs eine besondere
Aufgabe und Verantwortung zu. Dieser RT wurde mit Erwartungen,
Anforderungen, Sinngebungen, Bedingungen, etc. überfrachtet. Hier seien
nochmals einige der von der Moderatorin genannten Zielstellungen aufgelistet.

 

Am Anfang:
Der RT ist ein Beitrag zur Weiterentwicklung der Demokratie (!!),
             soll Transparenz bringen (nicht genannt in was),
             allseitigen Kompetenzzuwachs bringen,
             gemeinsame Basis für weitere Entscheidungen liefern,
             Austausch von Argumenten sein,
             Erreichen von Kompromissen sein.

Am Ende:
„Der RT PSW Atdorf war und ist ein Beitrag zur Stärkung der direkten
Demokratie“,
„Ausgleich der Interessen in der Region“,
„faire Kompromisse finden“,
„neue Impulse für den Naturschutz….“

Das hört sich alles gut an, aber auch völlig überhöht. Bis zum Schluss blieb die
Irritation, was denn dieser RT eigentlich bezwecken soll. Was wir erlebt haben,
war letztlich ein über fünf Sitzungen gestreckter Erörterungstermin, in dem ein
paar neue Informationen auf den Tisch kamen. Aber das war’s dann auch.

Fazit:
Die Moderatorin hat versäumt, den RT zu definieren (zu deutsch:
einzugrenzen) und damit sich zu entscheiden, was machbar ist und was
nicht.

Wenn es nur schon allein darum gegangen wäre, Transparenz in das Vorhaben
der Schluwe und in die Argumentation der Befürworter und Gegner zu
bekommen, hätte in der Tat eine gegenseitige kritische Befragung und damit eine
kontroverse und differenzierte Debatte ablaufen können. Weder der
Vorhabensträger vor allem noch die Unterstützer noch die Gegner mussten bzw.
konnten ihre belegbaren Begründungen für ihre Haltungen darlegen.

 

 Schlussbemerkung:

 Sehr geehrte Frau Hustedt, so ein bisschen erinnert uns ihr Abschlussbericht an das
Märchen „Des Kaisers neue Kleider“. Nein. Durch den RT hat sich nicht viel
geändert. Die Positionen sind wie vordem. Und die Schluchseewerke sind an einer
fachlich tiefer gehenden Begründung für ihr Projekt vorbeigekommen, dank Ihrer
Unterstützung.

Mit freundlichem Gruß

Bürgerinitiative Atdorf /
Verein für den Erhalt des Abhaus und des Haselbachtals e.V.
Wiesenweg 5, 79737 Herrischried