Südkurier (ROV)

Südkurier (Andreas Gerber) schreibt am 3o. Sept. 2010:


2400 Einwände: Atdorf lässt Köpfe rauchen

 

Bad Säckingen - Bis in den Abend hinein rauchten gestern im Bad Säckinger Kursaal die Köpfe beim Erörterungstermin zum Pumpspeicherwerk Atdorf. Was da im sperrigen Behördendeutsch als „Erörterungstermin" daher kam, war die Diskussion über 2400 Einwände gegen das umstrittene Großprojekt des Schluchseewerkes.

 

Volles Haus: Rund 250 Menschen beschäftigten sich gestern im Kursaal einen ganzen Tag lang mit den Einwänden gegen das Pumpspeicherkraftwerk Atdorf. Der so genannte Erörterungstermin wird heute um 9.30 Uhr fortgesetzt.

 

Bilder: Frank Linke

 

Zum Termin hatten sowohl der Bauherr Schluchseewerk wie auch die Pumpspeichergegner auf Kompaniestärke aufgerüstet und waren mit wissenschaftlichem und rechtlichem Fachpersonal angetreten.

 

Neben den rund 100 am Verfahren Beteiligten verfolgten etwa 150 interessierte Besucher die Diskussion. Die Atmosphäre während des ganzen Tages war ausgesprochen sachlich. Moderator Joachim Dreier vom Regierungspräsidium lobte diesen Umstand mehrfach. Joachim Dreier ist Leiter des Referates Raumordnung und damit momentan Herr des Verfahrens.

 

In der Sache freilich schenkten sich die Kontrahenten nichts. Da ging es einerseits um Grundsatzfragen wie die energiewirtschaftliche Notwendigkeit des Projektes (siehe unten) und andererseits auch um konkrete Auswirkungen vor Ort. Für Bad Säckingen machte Stadtrat Ulrich Schoo die Sorgen der Kurstadt deutlich. Falls durch den Bau des Unterbeckens (Haselbachtal) „die Heilquellen betroffen sind, kann das für die Stadt existenzgefährdend sein. „Wir haben hier große Bedenken", sagte Schoo.

 

Der Heilquellenschutz und damit die Erhaltung des Kur-Status ist auch für Joachim Dreier vom Regierungspräsidium „einer der Knackpunkte". Uli Schoo sieht durch den Bau des Unterbeckens aber auch Nachteile für das kurstädtische Siedlungswesen. Auf der einen Seite sei die Stadt durch den Rhein begrenzt, auf der anderen bald durch Autobahn und Haselbecken.

 

Ein weiterer Schwerpunkt am gestrigen Nachmittag war der Variantengleich. Das Gesetz schreibt einen solchen Vergleich vor. Das Schluchseewerk hatte hier im Vorfeld bereits mehrere Alternative geprüft: Andreas Schmidt, Projektleiter beim Schluchseewerk: „Wir haben die Räume untersucht und daraus die Vorzugsvariante ermittelt". Das ist der Standort Atdorf. Gegen die anderen Varianten sprechen laut Schmidt entweder naturschutzrechtliche Belange oder die geringere Leistung der Kraftwerke. In der Prüfung waren neben Atdorf auch Mühlegraben, Säckingen II (Egg) und ein Becken auf dem Habsberg beim Schluchsee.

 

Zudem in der Diskussion sind zwei Standortvorschläge vom Projektgegner Bund für Umwelt- und Naturschutz (BUND) ebenfalls im Bereich Schluchsee sowie ein Vorschlag des Rickenbachers Volker Albiez bei Wehrhalden. Herrischrieds Bürgermeister Christof Berger forderte vom Schluchseewerk gestern einen nachvollziehbaren Variantenvergleich. „Sie überzeugen die Menschen nur, wenn im Vorfeld alles ernsthaft geprüft worden ist," sagte Christof Berger.