Pressemitteilung der BI


Erwartet Wirtschaftsminister Pfister einen vorauseilenden Gehorsam?


Mit seiner Äußerung, das PSW Atdorf sei ein Gewinn für unser Land, unterstützt die
Landesregierung in Stuttgart die Pläne des Schluchseewerks zum Bau eines
weiteren Pumpspeicherwerks auf dem Hotzenwald. Seine Äußerungen könnten
dabei durchaus aus dem Hochglanzprospekt der Schluchseewerk AG „SpitzenStrom"
stammen.


Da stellt sich doch die Frage, ob nach diesen Äußerungen das Regierungspräsidium
im Raumordnungsverfahren und später das Landratsamt im
Planfeststellungsverfahren überhaupt noch objektiv entscheiden können.
Im Rahmen des Erörterungstermins wurde diese Objektivität vom Vorsitzenden der
BI, Klaus Stöcklin, von beiden Behörden eingefordert.

 

Nachdem diese Äußerungen des Wirtschaftsministers aber gefallen sind, stellt sich
doch die Frage des vorauseilenden Gehorsams. Hiermit bezeichnet man die
freiwillige Vorwegnahme vermuteten erwünschten Verhaltens im Rahmen
gruppendynamischer Prozesse (des sog. Gruppenzwangs). Eine Gehorsamsleistung
wird dann nicht als Resultat von gesellschaftlich-sozialem Druck erbracht, sondern
das ausschlaggebende Gremium wird mit der so eingeforderten Entscheidung von
vornherein versuchen, diesem Druck zu entgehen. Die BI hofft daher auf eine
wirklich objektive Entscheidung des Regierungspräsidiums.

 

Die Äußerungen des Wirtschaftministers sind auch vor einem anderen Hintergrund
nicht zu verstehen. Herr Pfister ist nicht nur Minister, sondern auch noch Präsident
des Tourismus-Verbandes Baden-Württemberg e. V. (neben: Vorsitzender des
Stiftungsrats der Stiftung Entwicklungs-Zusammenarbeit Baden-Württemberg,
Mitglied des Stiftungsrats der Stiftung Energie & Klimaschutz Baden-Württemberg,
Mitglied des Beirats der Bundesnetzagentur für Elektrizität, Gas, Telekommunikation,
Post und Eisenbahnen, Ehrenpräsident des Deutschen Harmonikaverbandes,
Vorsitzender des Verwaltungsrats der Landeskreditbank Baden-Württemberg -
Förderbank, Mitglied der Trägerversammlung der Landesbank Baden-
Württemberg, Vorsitzender des Beirats der LBBW Immobilien GmbH, Stellv.
Vorsitzender des Aufsichtsrats der Landesmesse Stuttgart GmbH, Vorsitzender des
Aufsichtsrats von Baden-Württemberg International - Gesellschaft für internationale
wirtschaftliche und wissenschaftliche Zusammenarbeit mbH (bw-i) und Mitglied des
Unternehmerbeirats der bw-i, stellv. Vorsitzender des Aufsichtsrats der BioPro
Baden-Württemberg GmbH, Vorsitzender des Aufsichtsrats der Tourismus-Marketing
GmbH Baden-Württemberg, Mitglied des Aufsichtsrats der e-mobil BW GmbH.
Mitglied des Kuratoriums und Vorsitzender des Stuttgart Financial Beirats der
Vereinigung Baden-Württembergische Wertpapierbörse e.V., Mitgliedervertreter der
ALTE LEIPZIGER Lebensversicherung auf Gegenseitigkeit, Mitgliedervertreter der
HALLESCHE Krankenversicherung auf Gegenseitigkeit und Mitglied des
Aufsichtsrats der Baden-Württemberg Stiftung gGmbH).

 

Im Rahmen dieser Präsidentschaft des Tourismus-Verbandes Baden-Württemberg
schrieb der Minister im Vorwort einer Gastronomiebroschüre des Naturparks:
„Der Südschwarzwald muss mit Superlativen nicht geizen:
Die höchsten Berge, die größten Seen und vielleicht einen der schönsten Naturparke
in unserem Land. Aber das ist nicht selbstverständlich... . Es ist auch eine Frage des
Naturschutzes, der Landschaftspflege und der Balance zwischen Gaben der Natur
und ihrer Nutzung für den Tourismus. Den Tourismus nur als herausragenden
Wirtschaftsfaktor für den Schwarzwald zu betrachten, wäre zu kurz gegriffen: Gerade
in Zeiten globaler Veränderungen in Klima und Wirtschaft müssen wir uns besonders
darum kümmern, dass die naturgegeben Ressourcen, mit denen wir unsere Gäste
aus aller Welt erfreuen, erhalten bleiben. Dazu gehört in erster Linie die Pflege dieser
wunderschönen und abwechslungsreichen Kulturlandschaft."

 

Vielleicht müsste man den Minister auch einmal an diese seine Worte deutlich
erinnern. Denn danach kann es eigentlich nur eine Entscheidung geben.